Idea

Improvised Panorama
(deutsche Version siehe unten)

The image elements move from left to right over multiple screens. An illusion of a journey - as if one is looking out of a window of a moving train. This travelling shot expresses how we experienced the metropolis of Chicago during our art scholarship in 2005. The movie is fleeting; nevertheless it leaves an enduring impression. A diverse, but also repetitive image world. The selection of the photographs expresses our perspective of a landscape or place. Selection always includes a subjective experience, based on “truth” or “authenticity” in constructivist terms.

With long travellings we deliberately bring a movie technique into center stage. Already in the 40’s André Bazin called for the montage to be avoided in favor of long shots, what he called the “planséquence”, to capture the beauty of nature. Only the long camera shot gives the viewer the freedom to experience the landscape in an appropriate time. For Bazin, time was crucial for what he called art: already ancient Egyptian mummies are evidence of the attempt to embalm, capture time, in the truest sense of the word. Photography as an art form was able to capture time in a flash, with unimaginable speed a moment can be preserved. Through the objective lens, and Bazin stayed intentionally literal, the world can be observed objectively. Film can preserve photographic objectivity over a long time, thus renders it in his eyes a complete art form.
With Scenic Panner we follow a similar aesthetic concept. We use deliberately a reduced film language and constrain ourselves to a uniform journey, to give more time to the nuances and fine development of the interaction of images and music.


Improvisiertes Panorama

Während eines viermonatigen Atelieraufenthalts in Chicago (Stipendium des Vereins Städtepartnerschaft Luzern – Chicago, Stadt und Kanton Luzern) im Sommer 2005 haben wir unzählige Bauwerke, Bewohner, Fahrzeuge und andere Objekte, die das Stadtbild prägen, fotografiert und sie in einer umfangreichen digitalen Bibliothek gespeichert. Der Scenic Panner ist das Werkzeug, aus dieser Datenbank einen Film, ein Panorama zu “erspielen”. Die Bildelemente ziehen mittels einer Mehrfachprojektion von links nach rechts über die Leinwand, es entsteht die Illusion der Fahrt, des Blickes aus dem Zugfenster. Dieses “Travelling” ist Ausdruck, wie wir die Metropole Chicago empfunden haben. Die drittgrösste amerikanische Stadt erstreckt sich über 50 Kilometer und es leben 7 Mio. Menschen dort. Flüchtig ist der Film, trotzdem hinterlässt er einen bleibenden Eindruck: Die Bildwelt ist vielfältig aber auch repetitiv. Die Aufbereitung des Bildmaterials ist die konzeptionelle Grundlage und drückt unsere Sicht einer Landschaft, eines Orts aus. Eine Selektion ist logischerweise subjektiv—Erfahrung, “Wahrheit” oder “Authentizität” grundsätzlich aber auch.

Mit der langen Kamerafahrt rücken wir bewusst ein filmisches Mittel mit besonders ausgeprägter Realismushistorie ins Zentrum. André Bazin forderte schon in den 40er Jahren die Abwendung von der Montage hin zur Fahrt, zur Planséquence, um die “Schönheit der Natur” festhalten zu können. Nur über die lange Einstellung gewinnt der Zuschauer die Freiheit und Zeit, eine Landschaft erfahren zu können. Zeit war für Bazin immer schon Kern der Kunst: Bereits die Mumien der alten Ägypter zeugen vom Versuch, sie im wahrsten Sinne des Wortes “einbalsamieren” zu wollen. Der Fotografie verdankt die Kunst eine neuartige Technik, Zeit blitzschnell festhalten zu können. Mit unerreichter Geschwindigkeit kann ein Moment konserviert werden: Durch das Objektiv, und Bazin bleibt an dieser Stelle bewusst wörtlich, kann die Welt besonders “objektiv” beobachtet werden. Der Film, in seinen Augen die vollendete Kunstform schlechthin, kann überdies eine fotografische Objektivität über eine gewisse Zeit hinweg darstellen. Mit dem Scenic Panner verfolgen wir einen ähnlichen ästhetischen Grundgedanken: Bewusst verwenden wir eine reduzierte Filmsprache und beschränken uns auf eine gleichförmige Fahrt, um damit den Nuancen und feinen Entwicklungen im Zusammenspiel von Bild und Musik mehr Zeit zu geben.

Der Scenic Panner ist zunächst die Infrastruktur, die die Projektion eines unendlich langen Panoramas ermöglicht. Beruhend auf einem interaktiven Computerprogramm wird die Komposition des Panoramas in Echtzeit gesteuert. Unser Beitrag ist das Sammeln und Kategorisieren von Bildern und die Bestimmung einer grundlegenden Dramaturgie. Chicago war der Ausgangspunkt: das städtebauliche Grundraster ist streng geometrisch, Avenues zerteilen die Stadt kreuzweise und lassen ein genaues Muster sichtbar werden. In den Vororten hingegen lassen sich kaum Zentren oder klar definierte Quartiere erkennen. Die Gebäude wirken zufällig hingeworfen, trotzdem erscheinen mit fast erschreckender Konstanz immer wieder dieselben Hausformen. Deren Bauweise lassen einem darüber nachdenken, welche Macht wohl diese Uniformität regelt. In anderen Städten, an anderen Orten drängen sich neue Fragen auf, die wir mit unserer Recherchearbeit in die Arbeit integrieren wollen. Mit zunehmender Zahl der Performances nimmt die Grösse der Bibliothek zu, unser Ziel ist, fortlaufend neue geographische, kulturelle und architektonische Orte zu erschliessen und Musiker mit dem Bildmaterial zu konfrontieren.